Camino de Santiago

Mein Jakobsweg mit dem Fahrrad



Von Dax nach Urt

Peter Thomas

aus Siegburg



21. Tag
Montag 08.07.2002


Der Tag fängt nicht gut an. Im Zelt ist es schwül, Unmengen von Kondenswasser verstopfen sogar die Fliegengitter. Die Liegematte hält die Luft nicht, ich habe schlecht und mit vielen Unterbrechungen geschlafen, die letzten zwei Stunden außerhalb des Zelts. Morgens trocknen die Klamotten langsam, da die Sonne nicht scheint. Dann finde ich keine Bar, in der es außer Kaffee auch noch etwas zum Essen gibt. Ist das herrlich in der Großstadt!

Um elf fahre ich dann los, mein Tagesziel ist die Benediktinerabtei 'Notre Dame de Belloc' bei Urt, schlappe sechzig Kilometer, also Zeit satt. So denke ich mir das jedenfalls anfangs. Aber denkste! Aus der Erholungsfahrt wird nichts, unmittelbar nach Verlassen der Stadt geht ein Gewitter der heftigsten Art nieder, und ich kann mich gerade noch in eine Autowerkstatt flüchten. Ein kleiner Junge, der mit dem Rad zu einem Vorort unterwegs ist und fast zeitgleich mit mir eintrifft, zittert am ganzen Körper vor Angst wegen des Gewitters und traut sich, als nach einer halben Stunde das Gewitter vorbei ist, zuerst gar nicht wieder raus. Erst nach viel Ermunterung wagt er es, die schützende Werkstatt zu verlassen, und wir fahren ein paar Kilometer zusammen, bis er sein Ziel erreicht hat.

Ich fahre weiter über Saint Pantalon nach Benesse les Dax, wo mich das nächste Gewitter erwischt. In 1400 m Entfernung ist eine Bar angezeigt, also Höchstgeschwindigkeit unter Einsatz aller Kräfte dorthin! Ich komme völlig durchnässt und erschöpft dort an, decke das Gepäck und den Sattel mit der Plastikplane ab und fliehe ins Trockene. Erst mal einen heißen Kaffee!

Als ich mich ein wenig aufgeräumt habe, spricht mich einer der Gäste an, ob ich ein pelerin pour Saint Jacques sei. Da ich den Brustbeutel mit dem Credencial wegen des Regens nicht umhängen hatte, frage ich zurück, wie er denn darauf komme. Ja, sagt er, es gebe schon öfters mal Pilger, die hier vorbei kommen, und andere Menschen fahren bei so einem Wetter nicht mit dem Fahrrad in der Gegend herum.

Der Regen lässt nicht nach, und so beschließe ich, noch zu Mittag zu essen, ich habe sowieso Hunger wegen des ausgefallenen Frühstücks. Es gibt das Tagesmenü, ohne Wahl, dafür aber mit fünf Gängen: Suppe, Wurst mit Tomatensalat, Putenbraten mit Bohnen, Käse, Eis. Alles sehr schmackhaft und zusammen inklusive Getränke (hätte auch Wein sein können, aber ich will ja noch weiter) für schlappe 10 Euro. Da kann man nichts gegen sagen.

Nach dem Essen regnet es immer noch, ich warte weiter bei einer Cola, bin mittlerweile der einzige Gast. Endlich, etwa um fünfzehn Uhr, wird der Regen schwächer und ich fahre weiter. Kaum bin ich aus der Tür heraus, wird der Laden geschlossen. Waren schon sehr nett, die Wirtsleute, haben mit ihrem Feierabend doch tatsächlich gewartet, bis ich das Lokal verlasse!

Es regnet später nicht mehr, die Sonne beginnt sogar zu scheinen, und die Wiesen dampfen. Die Abtei liegt etwa sieben Kilometer südlich von Urt auf einem Berg, der mir nochmal ziemlich zu schaffen macht. Und natürlich ist es möglich, im Gästehaus zu übernachten. Ob es auch für zwei Nächte möglich wäre - ich brauche einen Ruhetag - frage ich und der Gastpater meint, dass wir das morgen mal sehen werden. Ich erhalte ein sauberes Zimmer mit Dusche. (Die funktioniert zwar nicht soo überzeugend, nur zwei oder drei hauchdünne Strahlen, alle anderen Düsen sind total verkalkt, aber es gelingt mir trotzdem mich zu reinigen.)

Um halb sieben ist Vesper, anschließend Abendessen. Die Vigil um neun Uhr schwänze ich, da liege ich schon im Bett.



Tagesstrecke 58 km