Camino de Santiago

Mein Jakobsweg mit dem Fahrrad



Von Trier nach Metz

Peter Thomas

aus Siegburg



4. Tag
Freitag 21.06.2002


Die Laudes um viertel vor sechs habe ich verschlafen. Trotzdem werde ich beim Frühstück freundlich empfangen und hinterher überaus herzlich verabschiedet, persönlich von allen anwesenden Patres und Fratres. Und auch hier hat man von mir kein Geld für die Übernachtung und die Verpflegung genommen, im Gegenteil, ich bekam noch eine große Portion Obst mit auf die Reise.

Nach einem Foto am Jakobsbrunnen mit der Wegmarke nach Santiago treffe ich ein Ehepaar, das in ein paar Wochen einen Teil des spanischen Camino zu Fuß gehen wird. Vielleicht trifft man sich nocheinmal auf dem Weg!

Ich breche um 9h auf und fahre weiter flussaufwärts auf dem Moselradweg. Heutiges Ziel ist Malling, ca 80 km entfernt.

Bis Thionville ist der Moselradweg fast vollständig separat vom KFZ-Verkehr geführt, nur einige kurze Stücke laufen entlang der Straße. An der Grenze in Schengen ist dann allerdings die Beschilderung unvollständig bzw. fehlerhaft, sodaß ich eine kurze Ehrenrunde im Großherzogtum Luxemburg drehe. Eine (diesmal korrekte Auskunft) einer Passantin führt mich aber schnell wieder auf den richtigen Weg.

Die Moselauen an der deutsch-französischen Grenze in der Nähe des Kernkraftwerks Cattenom (dessen Kühltürme man schon „stundenlang“ aus der Ferne sieht) sind schon sehr schön! Ich sehe einiges an Wild, u.a. Hasen, Füchse, Reiher. Es gibt nur wenig (Rad-)Verkehr, aber wahrscheinlich sieht das an einem Wochenende anders aus.

Die Kilometer fliegen nur so vorbei, ich fahre meistens im 5. oder 6. Gang (Rückenwind?). In Malling beschließe ich weiter zu fahren, da es so gut läuft und ich noch nicht müde bin. Kurz vor Thionville geht es dann doch auf die Hauptstraße. Diese und die Stadtdurchfahrt waren aber nicht problematisch oder aufregend, die Franzosen sind sehr vorsichtige Autofahrer (abgesehen von manchen LKW-Kapitänen). Hinter Thionville ist plötzlich sogar ein bezeichneter Radweg entlang der Straße. (Na ja, was man so Radweg nennt, ziemlich holprig und voller Schlaglöcher!)

Nach 800 m endet dieser Radweg abrupt. Beim Herunterfahren vom Bordstein (sollte man ja auch nicht machen!) passiert es dann: Die linke Lowrider-Tasche federt so stark ein, dass die Halterung in die Speichen gerät. Zum Glück blockiert das Vorderrad nicht, was ja wohl unweigerlich zum Absteigen über den Lenker geführt hätte, aber der Träger wickelt sich so um die Speichen, dass eine Weiterfahrt unmöglich ist.

Fluchpause.

Denk- und Trinkpause.

Problemlösung: Demontage der Taschen und des Trägersystems, notdürftiges Zurechtbiegen der Stangen mit Hilfe von Fußtritten und unter Einsatz meines Kieselsteins vom Rhein (wie gut, dass ich den dabei habe!), Ersatz einer gerissenen Schweißverbindung durch Draht und Textilband, Montage des ganzen Geräts: Scheint sogar zu halten. Im nächsten Ort wird das Ganze in einer Fahrradwerkstatt mit ein paar kräftigen Schellen noch verstärkt. Hoffentlich haben die Speichen nichts abbekommen, manchmal gibt es beim Fahren ein Geräusch, als wenn eine oder mehrere locker wären, ich kann aber nichts feststellen, das Rad läuft auch rund.

Ich fahre bis Metz, wo ich auch schnell die Jugendherberge finde, die aber geschlossen ist. Also baue ich auf dem städtischen Campingplatz mein Zelt auf. Der Platz liegt sehr schön am Ufer eines der vielen Flussläufe, ist aber nicht ganz eben. Um halb neun steht das Zelt. Duschen. Abendessen kochen. Abendessen. Um zehn im Schlafsack.



Tagesstrecke 116 km