Camino de Santiago

Mein Jakobsweg mit dem Fahrrad



Von Richelieu nach Liguge

Peter Thomas

aus Siegburg



15. Tag
Dienstag 02.07.2002


Morgens sieht das Wetter etwas besser aus, zwar gibt es eine geschlossenen Wolkendecke, aber es ist nicht so windig, und es regnet nicht. Nach dem Frühstück fahre ich kurz nach acht Uhr los.

Beim Fahren merke ich, dass der Wind wirklich nicht mehr ganz so kräftig und vor allem nicht so böig ist wie gestern, als ich manchmal regelrecht Schwierigkeiten hatte das Rad zu kontrollieren, aber er kommt immer noch von vorn. Die direkte Strecke nach Poitiers, die D757, ist in meiner Karte gelb markiert, also wohl richtig für mich und mein Rad. Unterwegs (Lencloitre) kaufe ich in einem Supermarkt ein paar Wäscheteile, die ich zum Campen brauche, und etwas zum Mittagessen. Kurz vor Poitiers, etwa auf der Höhe des Futuroscope, erwischt mich dann ein kräftiger Regen, vor dem ich Zuflucht unter einem Baum suche, mit Rückzugmöglichkeit in die Telefonzelle nebenan, falls es heftiger werden sollte. Aber nach einer Viertelstunde ist der Spuk vorbei.

In Poitiers besichtige ich im Schnelldurchgang die drei wichtigsten Kirchen: Zuerst 'Sainte Marie La Grande', dann die Kathedrale 'Saint Pierre' und schließlich noch 'Sainte Radegonde' mit dem Grab der heiligen Radegund.

Die Weiterfahrt von Poitiers nach Liguge gestaltet sich nun etwas schwierig, da die aktuelle Karte genau zwischen diesen beiden Orten endet und das Anschlussblatt gut in der wasserdichten Seitentasche - an die ich erst nach Abrödeln des restlichen Gepäcks herankomme - verstaut ist. Ich hatte mir zwar die Ausfallstraße noch markiert, aber das nützt natürlich nicht viel, wenn man diese nicht erwischt und anschließend in der Gegend herumirrt. Außerdem gibt es hier im Poitou eine ganze Reihe (touristisch interessanter und daher an den Straßenkreuzungen mit Wegweisern verzeichnete) Klöster, was für zusätzliche Verwirrung sorgt.

Gegen 17h erreiche ich Liguge dann doch. Mir kommen Zweifel: Blick auf die Uhr, den Kilometerstand und meine Kräfte sagt mir 'weiterfahren', Blick auf die Wolken sagt 'weiß nicht', Blick auf die Abtei sagt 'hier bleiben'. Die Abtei gewinnt.

Und so frage ich nach einem Quartier, was mir gerne gewährt wird. Freundlicher Empfang, Vesper um 18h und eine Stunde später Abendessen im Refektorium. Ich werde vom Gastpater von meinem Zimmer abgeholt, und vor dem Refektorium begrüßt mich der Abt und reicht mir persönlich das Wasser zum Reinigen der vom Pilgerweg staubigen Hände. So wird hier seit Jahrhunderten jeder Pilger empfangen!

Während des Abendessens wird wie bei den Benediktinern üblich nicht gesprochen. Auch hier werden stattdessen Bibelwort und Nachrichten verlesen, nein, hier werden sie sogar gesungen!

Nach dem Essen bleibt kaum Zeit für ein paar Fotos (das Wetter hat sich gebessert), denn um 20h ist Komplet und um 21h beginnen mit der Vigil die Feierlichkeiten zum Fest des Apostels Thomas. Und so kann ich zum zweiten Mal auf meiner Fahrt bei den Benediktinern Namenstag feiern.



Tagesstrecke 76 km